Loes van den Putte

‘Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe!’ Genesis 11:7

Ja, doch gefunden! Letztendlich stellte sich heraus, daß das Büchlein sich versteckt hatte unter einem Haufen alter Briefumschläge mit hastig hingekritzelten Gewinnerzipzahlen, Passwörtern und Emailadressen neben dem Computer.
Zuvor hatte ich schon drei Stöße alter Zeitungen, Feuilletons und Spezial­aus­gaben durchgepflügt und den CD-Hügel neben dem Ghetto­blaster um­sonst abgegraben. Aber da war es dann, das Taschenbibelchen, irgend einmal für einen Gulden aus einem Karton aufgestöbert, immer praktisch für – man weiss ja nie. So gerät auch der Born unserer Zivilisation auf der Wohn­zimmerebene immer mehr in Bedrängnis. Und ein Begleittext zu einem Ausstellungsbei­trag, worin der Turm Babels eine so prominente Rolle spielt, soll ja zumindest anfangen mit einem diesbezüglichen Bibelvers.
Da waren Loes van den Putte und ich uns schnell einig.
Der Kampf gegen die Neue Zeit ist aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zu gewinnen, aber wir sollten den Handschuh natürlich schon aufheben. Und wäre es nur für die eigene Gemütsruhe.
Loes ficht ihren Kampf aus mit handwerklichen Mitteln.
Bei Ausschachtungsarbeiten, die Anschluß der Rückstandsviertel an das ADSL-Netz bezwecken, bettelt sie die Erdarbeiter so lange an, bis sie mit einem Ballen Kabel atelierwärts zurückkehren kann. Kabel, die ihren Bauten im Zusammenspiel mit Gipsverbänden aus der gegenüberliegenden Apotheke die notwendige Struktur verleihen. Die ihr Publikum aber auch mit der Frage konfrontieren: Haben wir mit all diesen Telefonen und Fernsehkanälen und Chatsessions auch wirklich einen besseren Kontakt miteinander als damals, als wir noch gemütlich über den Zaun mit den Nachbarn gequatscht haben.
Are we connected?
Man ist geneigt zu sagen: »Die Frage stellen bedeutet, sie zu beantworten.« Dieser (Schein)verbundenheit schließt sich das Statement an: »Was sie trifft, berührt auch mich.«
Um die Verwirrung noch etwas zu vergrößern, setzt Loes sich an sonnigen Tagen auf ihre Türstufe und lockt auf den Haar­lemmerdijk spazierende Fremde hinein und fragt sie, im Tausch für eine Tasse Tee, diesen Satz in ihre Landessprache zu übersetzen. Der letzte Geburtstag der Königin, mit seinem traditionellen Freimarkt in Amsterdam, hat eine reiche Ernte eingebracht: »Ich glaube, daß ich über dreiundzwanzig Sprachen eingetragen habe.«
Die erste Maiwoche hat das Copycenter Überstunden machen müssen, um alles zu vervielfältigen. In Form von Gebets­rollen haben diese Texte einen Platz bekommen im Inneren der Türme. Und jetzt ist es die Frage, ob dies ein einigender Faktor sein wird, oder letzt­endlich doch wie ein Spalter wirken wird.
Durch die Dupli­zierung der Bot­schaft bis ins fast Unendliche, verliert sie immer mehr an Bedeu­tung, wie auch elektronische Experimente in der Musik des späten 20sten Jahr­hun­dert nachgewiesen haben, daß das gesprochene Wort, endlos über sich selbst hingespult, vernichtet wird.
Und wie schnell ist das Mantra aus den 60er Jahren vergangen? »Kommunikation, weißt du?« Auch dieses Schlagwort hat sich letztendlich durch Überdosierung in Rauch aufgelöst.

Arthur Belmon

vdputte

Are we connected I, 2000

vdputte

Connected/Islands, 2002

vdputte

Babel 2, 2003